Neujahrstauchen in Ingelheim hilft siebenjährigem Mats
Es ist nicht nur Gaudi. Wenn sich Hartgesottene an Neujahr am Strandbad in den Rhein stürzen, hilft der Verkauf von Heißgetränken und Suppe einem Jungen mit einem Gen-Defekt.
ASPISHEIM/INGELHEIM - Eine Anti-Kater-Kur, die sich verselbstständigt hat? Oder einfach die verrückte Idee eines kleinen Schwimmvereins, die immer mehr Fans gefunden hat? Fakt ist: In den Niederlanden gibt es das Neujahrstauchen seit über 50 Jahren. Mittlerweile stürzen sich jeden 1. Januar mehrere 10 000 Menschen in die kalten Nordsee-Fluten. Immer am frühen Nachmittag, wenn es auch am Neujahrstag gilt, endlich wieder wach zu werden, ist das kalte Wasser für die vielen Enthusiasten ein willkommener Wecker.
Vor acht Jahren haben Alex Laurijsse und seine Neujahrstaucher das Event nach Rheinhessen gebracht. Regelmäßig wird seitdem auch hier, im Ingelheimer Strandbad, getaucht. Weit über 100 Taucher nehmen mittlerweile teil, erzählt Laurijsse, der in Dromersheim wohnhafte Vorsitzende des Vereins. Mehrere hundert Zuschauer fänden zudem den Weg ans Rheinufer.
Auch in diesem Jahr trifft man sich wieder ab 13 Uhr, um sich dem kühlen Wasser des Rheines auszusetzen. Abgetaucht wird ab 14.15 Uhr. Die Außentemperaturen sind dabei egal. Getaucht wurde, seitdem die Veranstaltung ins Leben gerufen wurde, noch jedes Jahr.
Vor allem aber sind die Neujahrstaucher auch ein gemeinnütziger Verein, der sich mildtätigen Zwecken verschrieben hat. Das Tauchen ist nicht nur Gaudi, jedes Jahr werden Glühwein, Kinderpunsch, heiße Erbsensuppe und Würstchen an durstige und hungrige Taucher verkauft und der Erlös schließlich einem guten Zweck überantwortet. Im vergangenen Jahr etwa gingen die Spenden an die Dromersheimerin Vanessa Brandt, die von den Neujahrstauchern bereits mehrfach unterstützt wurde. In diesem Jahr, so Laurijsse, möchte man dem siebenjährigen Aspisheimer Mats ein wenig helfen. Der wurde mit einem Defekt des ATRX-Gens geboren, was in der Kindheit bei männlichen Betroffenen zu Entwicklungsverzögerungen führt. In einem Text, den die Neujahrstaucher zur Unterstützung ihres Spendenvorhaben erstellt haben, beschreibt Mats seine Krankheit selbst: „Ich bin anders als die meisten Kinder, das weiß ich – ich kann nicht sprechen, nicht laufen und habe ein paar Ticks. Viele denken, ich bekomme nicht mit, was um mich herum los ist, aber das stimmt nicht – ich kann es nur nicht so zeigen. Das nervt manchmal, aber ich kenne es nicht anders – da ich das schon hab’, seit ich auf der Welt bin.”
Man habe in der Region einen Aufruf gestartet und dann geschaut, wer Unterstützung am nötigsten brauche, erklärt Laurijsse die Spendenbemühungen. Mats, so das Ergebnis, habe in diesem Jahr die volle Unterstützung der Neujahrstaucher verdient: „Da schien uns die Not einfach am größten.“ Denn die Familie braucht finanzielle Hilfe. Insbesondere für Therapien wie die slowakische Adeli-Therapie (Neurorehabilitation), die auch schon Vanessa Brandt geholfen hat, von der Krankenkasse aber nicht bezahlt wird.
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